„In einem guten Kleingärtnerverein ist jederzeit das komplette Sortiment eines mittelgroßen Baumarkts vorrätig,“ sagt Bruce und lehnt sich lässig an seine Gartenpforte. Seit Ende des vergangenen Jahres bewirtschaftet er die Parzelle gegenüber. Als er einzog, stellte er sich als Holger vor, bekam aber wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Schauspieler Bruce Willis schnell seinen Spitznamen.
Seither hat sich auf unserem Gartenweg viel geändert. Nicht nur, dass einige Gärtnerinnen auffällig oft vorbei kommen, um sich Rat in Handwerksfragen zu holen. Auch bei den Herren der Schöpfung ist Bruce sehr beliebt. Ein Halbzoll-Schlauchschelle? Ein 19er Brett mit Nut und Feder? Dreiadriges Erdkabel mit 4 mm² Querschnitt? Wer kurzfristig in Materialnot gerät, fragt Bruce. Wenn der im Fundus seiner bis unters Dach vollgestopften Laube nichts findet, ist zumindest die Wahrscheinlichkeit groß, dass er weiß, welcher andere Kleingärtner weiterhelfen könnte.
„Na, ihr zwei?“ Rapunzel war zu uns herangeschlendert und schiebt nun auffällig langsam ihre blonden Zöpfe hinter ihre Schultern.
„Bruce erklärt mir grad seinen Baumarkt.“, sage ich und zwinkere Rapunzel zu.
„Och, würd ich jetzt so nicht – ich mein bloß – wir alle zusammen, könnten schon ein ganzes Sortiment …“ Bruce kratzt sich am Hinterkopf.
„Ja, Karo, wir beide füllen die Dekoabteilung.“, lacht Rapunzel.
„Was für eine Dekoabteilung?“, mischt sich meine Gartennachbarin Frau B. ins Gespräch.
„Oder die Blumenabteilung.“, spinne ich weiter.
Frau B. schüttelt mit dem Kopf, wie nur sie es kann.
„Dekoabteilung? Blumenabteilung? Ich verstehe Bahnhof!“
„Nicht Bahnhof, Baumarkt!“, scherzt Bruce, der seine Lässigkeit wiedergefunden hat.
Frau B. wuchtet eine Kiste mit Dalienknollen auf ihr Bollerwägelchen.
„Daheim im Keller überwintern?“, fragt Rapunzel.
„Nee. Da mach ich heute Abend Rösti draus und stell sie dem Hans-Georg als Kartoffel-Rösti hin.“
Wir starren Frau B. verständnislos an.
„Könnt ihr glauben, das kam neulich im Fernsehen. Dahlienknollen sind essbar, besonders meine gelb-orangen hier, die schmecken angeblich wie Schwarzwurzeln.“
Frau B. schmunzelt in die Runde.
„Du willst uns wohl auf den Arm nehmen?“
Rapunzel nimmt mit spitzen Fingern eine Knolle aus der Kiste.
„Also Dahlienblütensirup kenne ich ja,“ wende ich ein. „Der geht einfach. 500 g Rohrohrzucker und 500 ml Wasser aufkochen und um etwa ein Viertel reduzieren. Zirka 25 Dahlienblüten auszupfen, das Weiße von den Blütenblättern entfernen und die bunte Mischung mit der Zuckerlösung übergießen. Nach zirka drei Tagen in der Sonne haben die Blütenblätter ihre Farbe verloren und der Sirup kann an einem kühlen, dunklen Ort gelagert werden.“
„Das kenn ich auch,“ schmunzelt Frau B.,„der Sirup taugt auch für Likör. Aber heute Abend probiere ich die Dahlienknollen aus.“
„Einfach braten?“, fragt Rapunzel noch immer ungläubig.
„Einfach putzen, raspeln und mit Rapsöl, Zwiebeln und Muskat in die Pfanne hauen. Mal sehen was Hans-Georg sagt. Soll ja angeblich sogar aphrodisische Wirkung haben.“
Das klingt ja spannend!
LikeGefällt 4 Personen
Hallo mal wieder. Habe ich als gelernter Gärtner noch gar nicht mitbekommen, dass man Dahlien kulinarisch verwerten kann. Also wieder mal was Neues gelernt. Und schmeckt wenigstens der Sirup? Auch das Reszept Deiner Nachbarin schon ausprobiert?
LikeGefällt 2 Personen
Der Sirup schmeckt, wenn er richtig gelagert wurde … ja wie beschreibe ich das jetzt – blumig? Andere sagen er hätte eine Honignote. Das kann natürlich daran liegen, dass die Bienen ja auch mit Blumen arbeiten. 🙂
Die Rösti schmecken eher wie Topinambur-Rösti als Kartoffel-Rösti. Da kommt es vermutlich auch ein bisschen darauf an, wie viele Zwiebeln verarbeitet werden.
Kulinarische Grüße aus dem Garten 🙂
LikeGefällt 5 Personen
Liest sich super und interessant!😀
Meine Dahlien genoss ich aber während der Blüte lieber ausgiebig im Garten, wo sie dann leider durch den einzigen kurzen Nachtfrost bisher, das Zeitliche segneten….*schnief*
LG🍀
LikeGefällt 2 Personen
Dann schnell die Knollen schälen, schnibbeln und braten. Vielleicht schmecken sie ja noch. Wenn die Pflanzen eh erfroren sind …
Beste Grüße aus dem Garten 😀
LikeGefällt 2 Personen
Neiiiin niemals werde ich die Knollen meiner wunderschönen Dahlien schnippeln und braten😨
…sondern wie jedes Jahr säubern und in mit Zeitungspapier ausgelegten leeren Blumentöpfen im Keller überwintern, damit wir nächstes Jahr auch wieder viel Freude daran haben😉
Sind ja nur die Blätter und Blüten erfroren und die Stauden werden jedes Jahr schöner und üppiger. ..
Beste Grüße von einer Gartenliebhaberin zurück🍀😀
LikeGefällt 2 Personen
Nun ja, bei guter Pflege werden es doch in jedem Jahr mehr Knollen.
Experimentierfreudige Grüße aus dem Garten 🙂 😀
LikeGefällt 1 Person
Ja… und deshalb auch mehr Blumen. Aber nicht zum auffuttern für mich und ist für mich schon immer genug Experiment sie heile über die Zeit bis zur Neupflanzung zu bekommen😀
LikeGefällt 1 Person
Das Rezept ist wie immer super verpackt – aber ich muss die ganze Zeit an Bruce denken 🙂 wo ist Euer Kleingarten noch mal und warum gibt es bei uns nicht solche Exemplare? Bei uns gibt es Alt mit lustigen Bärten, Alt ohne Bart, Mr. Universe samt orangener Speedo Badehose und die Schreitante …
LikeGefällt 4 Personen
Eine Schreitante gibt es bei uns auch. Die wird wohl früher oder später einen Auftritt haben. Meistens schreit sie, dass sie ihre Ruhe haben möchte.
Kognitiv dissonante Grüße aus dem Garten
LikeGefällt 4 Personen
Nee ne ??!!! Dahlien kann man essen ??????? Man lernt nie aus !!! Warum wundert mich das nur ? Alles mögliche und unmögliche andere kann man ja auch verzehren. Aber bei Dahlien hätte ich nun wirklich nicht damit gerechnet. Superspannend ! – Bei Bruce muß ich ein wenig an McGyver denken. Der hatte auch immer alles, um irgendwas draus zu basteln 😉 Toll, wenn in der Gartenkolonie gleich ein gesamter Baumarkt vertreten ist, einschließlich Dekoabteilung 🙂 Amüsierte Grüße von hinter der Balkontür, brrr.
LikeGefällt 2 Personen
Hat dies auf Die Erste Eslarner Zeitung – Aus und über Eslarn, sowie die bayerisch-tschechische Region! rebloggt.
LikeGefällt 2 Personen
Tatsächlich wusste ich, dass Dahlien essbar sind. Habe auf Twitter Mitte September davon gelesen. Es gibt auch Gärtnereien die Dahlien jetzt wieder vermehrt auf Geschmack, statt auf Blüte züchten. Etwa diese hier: http://www.lubera.com/de/shop/delidahlien_subkat-68-14.html (Sogar mit Hinweis wie die einzelnen Sorten schmecken.)
Auf meiner Merkliste für nächstes Jahr stehen sie auf jeden Fall, das werde ich testen.
Viele Grüße,
Jacqueline
LikeGefällt 2 Personen
Danke für den Link 🙂 ❤
Vernetzte Grüße aus dem Garten
LikeGefällt 1 Person
Ich habe letztens noch die Dahlien ausgegraben und mich gefragt, ob man die Knollen wie Kartoffeln nutzen kann. Danke für das Rezept. 🙂
LikeGefällt 1 Person
Guten Appetit 😀
LikeLike
Die Mayas und Azteken hatten so manche Leckereien. 😉
LikeGefällt 1 Person
Und wieder etwas gelernt . l.g.Anja
LikeGefällt 1 Person
😉 🙂 😀 ❤
LikeLike
Liebe Karo-Tina,
ich habe dich für den Liebster Blog-Award vorschlagen. Wenn du Lust darauf hast, findest du die weiteren Infos hier:
https://manuelamordhorstblog.wordpress.com/2016/11/10/liebster-award/
Ganz viele liebe Grüße Manuela
LikeGefällt 1 Person
Wieso wurde dieser Beitrag micht in meinem Reader angezeigt? … Die Verschwörung der weltübernehmenden Katzen bei WP (vgl. dazu Mein Name sei Mama und ihre verschwundenen Katzenbilder im Mitmachblog…) geht weiter, als bisher angenommen…
Beste Grüße
Frau K.
LikeGefällt 1 Person
Die Mysterien der Datenverarbeitung. 😀
Grüße retour aus dem Garten 😀
LikeGefällt 1 Person
Dahlien, echt jetzt? Muss ich gleich mal googeln.
LikeGefällt 2 Personen
Und wie hat es geschmeckt? Wie war es mit jener „Wirkung“? 😉
LikeGefällt 1 Person
Der Geschmack war irgendwo zwischen Kartoffel und Schwarzwurzel. Und die Wirkung – tja die Wirkung …
Geheimnisvolle Grüße aus dem Garten 🙂 😀
LikeGefällt 1 Person