Rapunzel bat mich, ihr beim junge Erbsen palen behilflich zu sein.
„Willst Du grüne Gurken?“, fragt sie nebenher. Ich nicke.
Im hinteren Teil des Gartens tuscheln die Kinder.
„Was hecken die wohl schon wieder aus?“, frage ich. Rapunzel zuckt mit den Schultern. Es ist diese Gelassenheit, die Rapunzels Parzelle bei allen Kindern der Nachbarschaft beliebt macht.
Wir unterbrechen unsere Arbeit und schlendern auf Rapunzels Gewächshaus zu. Dabei kommen wir – natürlich rein zufällig – an dem Hochbeet vorbei, hinter dem die Kinder in Deckung gegangen sind.
Die Kinder sind vollkommen in ihr Spiel vertieft. Offenbar versuchen sie zwei Weinbergschnecken, zu einem Wettrennen, zu animieren. Doch die Rivalen in spe haben sich beide in ihre Behausungen zurückgezogen.
„Warum kommen die nicht raus“, fragt Paul.
„Nun ja“, antwortet Rapunzel, „stell dir mal vor, du bist vor einem Riesen in euer Gartenhaus geflüchtet und jetzt steht der Riese da und versucht dich herauszulocken. Da würdest du doch auch nicht …“
„Doch“ sagt der kleine Moritz entschlossen. „Ich würde rauskommen und schnell weg laufen.“
„Es gibt doch gar keine Riesen“, stellt Paul überlegen fest.
„Aber wenn es welche gäbe, würde ich laufen“, beharrt Moritz, „nicht drin bleiben, wie die doofe Schnecke.“
„Die Schnecke ist doch nicht doof“, wendet Rapunzel ein. „Die ist sogar ziemlich schlau und verkriecht sich in ihrem Haus, um sich zu schützen.“
„So wie die Katze?“, fragt Moritz.
Rapunzel und ich schmunzeln.
Eines schönen Abends schlossen die Eltern des kleinen Moritz aus Versehen eine streunende Katze ein, die ins Gartenhaus geschlichen war. Am nächsten Tag hatte das Tier die halbe Inneneinrichtung zerlegt und konnte nur mit einiger Mühe unter dem alten Küchenbuffet hervorgelockt werden.
„So wie die Katze“, kichert Rapunzel. „Nun aber husch, eure Mütter warten bestimmt schon.
Die Kinder ziehen ab.
„Für morgen werde ich uns eine schöne kalte grüne Suppe bereiten“, sage ich nachdem mir Rapunzel zwei Schlangengurken gereicht hatte.
Ich werde die Gurken waschen und schneide sie in grobe Stücke. Dazu gebe ich einen grünen Apfel ohne Kerngehäuse, eine kleine Zwiebel, zwei Knoblauchzehen und 150 Gramm junge Erbsen, einer großen Handvoll frischer Minze und 100 Milliliter Wasser in den Mixer. Nach dem Pürieren gebe ich 200 Gramm junge Erbsen und eine in ganz feine Stückchen geschnittene grüne Paprikafrucht hinzu, würze mit Salz und Pfeffer und stelle alles für ein paar Stunden in den Kühlschrank. Zum Servieren werde ich noch in Olivenöl geröstete Weißbrotwürfel in die kalte Suppe streuen.
Als wir gehen wollen, kommt uns ein ängstlicher Moritz entgegen.
„Ich glaube meine Eltern sind nach Hause gegangen und die Katze ist schon wieder eingesperrt.“
Ungläubig folgen wir ihm. In der Tat ist die Laube verschlossen und aus dem Inneren dringt eigenartiges Raunen und Ächzen. Rapunzel lenkt Moritz ab und ich klopfe ans Fenster. Im Inneren sehe ich die geröteten Wangen von Moritz‘ Mutter.
„Lasst mal die Katze raus, euer Kind will nach Hause“, rufe ich.