Okraschoten fürs Volk

Liebe LeserInnen,

„Ich freue mich über jeden, der einen Platz im Leben gefunden hat“, sagt mein Nachbar vom Planeten Dings. „Nehmen wir zum Beispiel dich“, fährt er fort, „du bist in deinem Garten, in deinem Gartenverein, in deiner schönen kleinen Welt.“

Ich überlege, ob ich darauf antworte.

Aber ich mag nicht antworten.

Mein Nachbar vom Planeten Dings mag keine Antworten.

Er erwartet keine Antworten. Er erwartet Bestätigung.

„Da wo ich herkomme,“ sagt er, „haben die Herrschenden den Armen auch kleine Gärten für kleines Geld überlassen. Da können die Armen Gemüse und Obst für den Eigenbedarf anbauen. So sind sie schön beschäftigt und kommen gar nicht auf die Idee, die herrschenden Verhältnisse in Frage zu stellen.“

Wieder schaut er mich erwartungsvoll an.

„Was soll ich jetzt dazu sagen?“, frage ich nach einer Weile.

„Weiß nicht, Viva la Revolution vielleicht?“

„Du guckst schon wie: Viva la Revolution.“

„Wie wäre es mit Okraschoten fürs Volk?“

„Okraschoten wachsen bei mir nicht.“

„Warum nicht?“

„Zu kalt, zu dunkel, was weiß ich? Wieso überhaupt Okraschoten?“

„Nur so. Ich hätte ebenso Orangen fürs Volk sagen können.“

Ich zucke mit meinen Schultern. „Orangen wachsen auch nicht in meinem Garten.“

„Noch nicht.“ Mein Nachbar vom Planeten Dings hebt seine Augenbrauen.

Wir schweigen.

Obligatorische Grüße aus dem Garten

4 Gedanken zu “Okraschoten fürs Volk

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