Grüne Limonade

Liebe Leserinnen und Leser,

ein paar Worte vorab:

Natürlich sind auch wir Kleingärtner von der Allgemeinverfügung wegen der Covid-19-Pandemie betroffen und es ist auch schon eine Geschichte zum Thema entstanden. Allerdings erscheint diese erst Anfang Mai. Das ist den langen redaktionellen Vorlaufzeiten unserer Gartenzeitung GARTENFREUND geschuldet. Hier also zunächst ein anderes Thema.

Bleibt alle gesund.

Grüne Limonade

Meine Gartennachbarinnen Rapunzel und Frau B. stehen am Eingang unserer Kleingartenanlage und tuscheln.

„Hast Du schon gehört?“ raunen sie mir zu, „Die Polizei hat Pierre mitgenommen.“

„Pierre?“ Ich bleibe ungläubig stehen. „Warum denn das?“

„Sie haben ihn erwischt“, grinst Frau B., „in flagranti.“

„Auf frischer Tat?“

„Beim Einbruch in meine Laube.“ Rapunzel grinst verdächtig breit.

„Ihr wollt mich doch auf den Arm nehmen.“

„Jetzt wird untersucht, ob Pierre was mit den anderen Einbrüchen in der Nachbarschaft zu tun hat.“

In jüngster Vergangenheit gab es einige Laubeneinbrüche. Auch Rapunzels Gartenhäuschen war schon aufgebrochen worden.

„Wenn du mich fragst, wer diese Hütte aufbricht, kann nicht viel in der Birne haben.“ Meine Gartennachbarin macht mit ihrem Zeigefinger eine kreisende Bewegung in Höhe ihrer Schläfe.

„Was soll das denn heißen?“ Rapunzels gespielte Empörung konnte mich nicht darüber hinwegtäuschen, dass an dieser Geschichte etwas faul war.

„Es ist doch allgemein bekannt, dass bei dir nicht viel zu holen ist“, Frau B. verschränkt ihre Arme vor der Brust.

„Beim letzten Mal haben sie meinen Mixer mitgenommen“, schmollt Rapunzel.

„Mein Fräulein Tochter hat dir doch einen neuen Mixer aus dem Tauschladen mitgebracht“, wende ich ein.

„Aber mein schöner alter Mixer ist weg und das Türschloss haben sie auch kaputtgemacht.“

Wie aufs Stichwort kommt das Fräulein Tochter um die Ecke und schwenkt ein Netz Zitronen. „Seht mal, was es beim Foodsharing gab.“

„Die wollen mir hier grad weismachen, dass Pierre beim Einbruch in Rapunzels Laube verhaftet worden ist.“

„Verhaftet“, Rapunzel winkt ab, „wir haben gesagt die Polizei hat Pierre mitgenommen.“

„Wortklauberei, könnt ihr vielleicht endlich mal genau erzählen, was los war?“

Auch meine Tochter sieht die beiden gespannt an.

„Pierre wollte nach Feierabend mein Türschloss reparieren“, beginnt Rapunzel die Aufklärung. „Mitten in der Arbeit macht sein Akkuschrauber schlapp. Also ging er rüber auf seine Parzelle, um das Gerät zu laden. Als der Akku wieder genug Leistung hatte, war die Nacht hereingebrochen. Also hat sich Pierre seine Stirnlampe aufgesetzt und ist wieder zurück zu meiner Gartenlaube.“

„Warst du da gar nicht dabei?“, will das Fräulein Tochter wissen.

„Ich hatte doch Spätdienst.“

„Das Ende vom Lied war, dass ein aufmerksamer Bürger die Polizei gerufen hat, weil er jemanden in der Dunkelheit mit Stirnlampe an der Laubentür hat hantieren sehen“, ergänzt Frau B. ungeduldig.

„Und weil der Pierre keinen Ausweis einstecken hatte, wollte die Staatsmacht ihm nicht glauben, dass er im Dunkeln Einbruchschäden repariert.“

„Darauf eine grüne Limonade“, sage ich und deute auf das Netz Zitronen.

Schnell pflücken wir jungen Spinat, Petersilie aus dem Frühbeet, Minze und Bärlauch. Ich hacke je 60 Gramm Petersilie und Spinat und zirka sechs Teelöffel Minze sowie zwei Blätter Bärlauch. Zusammen mit der abgeriebenen Schale einer Zitrone zwei bis drei Esslöffel Rübensirup und 90 Milliliter Zitronensaft und einem halben Liter kaltem Wasser kurz durchmixen. Prost.

Grüne_Limonade-2

Brotsalat quer durch den Garten

„Ich denke, wir haben Insektensterben?“

Bruce steht vor der Kletterrose an seinem Torbogen und spricht zu einem unsichtbaren Gegenüber. Ich lege meine soeben geerntete Lauchzwiebel beiseite, und versuche einen Blick auf den geheimnisvollen Gesprächspartner zu erhaschen.
Bruce spritzt mittlerweile mit scharfem Wasserstrahl zwischen den Rosenblättern herum.

„Euch werde ich´s schon zeigen.“

Ich entschließe mich, Bruce vorsichtshalber anzusprechen.

„Was ist denn bei dir los?“

„Die Blattläuse sind los.“

„Ach so“, sage ich erleichtert. „Weißt du, dass es in Mitteleuropa über achthundert Blattlausarten gibt? Das sind mehr als Wildbienenarten.“

Bruce mustert mich misstrauisch.

„Na und? Mir wären jetzt ein paar der zirka achtzig in Deutschland gesichteten Marienkäferarten recht. Die könnten sich an meiner Rose schön den Bauch vollschlagen.“

Bruce reibt mit Daumen und Zeigefinger über einen Rosenstiel, hält mir das Ergebnis unter die Nase und grinst: „Blattlaustatar:“

Ich wende mich ab.

„Hast du meinen neuen Grill schon gesehen?“ Bruce macht eine einladende Geste.
Ich schiebe mich vorsichtig durch den klatschnassen Rosenbogen.

„Mit Haube“, strahlt Bruce, „mit dem kann ich alles.“

„Auch backen?“

„Auch backen!“

Haubengrill_anonym

Ich überlege kurz und sage: „Wir können ja erst mal was Einfaches versuchen. Ich würde heute gern ein paar Brotstücke rösten.“

„Nichts leichter als das.“

Ich hole schnell eine Schüssel mit zwei Fladenbroten, die ich bereits in mundgerechte Rauten zerschnitten habe.

„Aber keine schwarzen Ränder“ sage ich streng. Bruce greift sich die Schüssel und atmet hörbar aus.

Ich kehre in meine Parzelle zurück und ernte einen Römersalat, je eine Hand voll Portulak, Petersilie und marokkanische Minze, zehn Radieschen, zehn Cocktailtomaten, eine kleine grüne Gurke, einen grünen Spitzpaprika. Auch meine Lauchzwiebeln nehme ich mit dazu, wasche sie und schneide sie in feine Ringe. Den Römersalat schneide ich in schmale Streifen und zupfe Minze und Petersilie darüber. Dann putze ich das Gemüse, schneide es in kleine Würfel und gebe es ebenfalls in die Schüssel.
Aus einer Knoblauchzehe, einem Teelöffel Salz und zwei Esslöffeln Sumach mische ich mit zwei Esslöffeln Zitronensaft und vier Esslöffeln Olivenöl ein Dressing, welches ich vorsichtig unter die anderen Zutaten hebe.

Als ich mit meiner Salatschüssel zu Bruce zurückkehre, haben sich Pierre und Kojak am Grill eingefunden. Die Herren fachsimpeln.

„Und“, frage ich, „fertig?

„Brot“, mault Kojak, „das ist Grillfrevel.“

Bruce schiebt die Grillhaube zurück.

Die Fladenbrotrauten sind rundherum goldgelb.

„Prima“, strahle ich, „holt mal Schüsseln, der Salat ist gleich fertig.“

Ich hebe die knusprigen Brotstücke unter das Gemüse und serviere.

„Und beim nächsten Mal, backen wir Fladenbrote im Grill. Dazu nehme ich einen Würfel Hefe, einen Teelöffel Zucker, einen Teelöffel Salz, sechs Esslöffel Olivenöl, fünfhundert Gramm Weizenmehl und dreihundert Milliliter Wasser. Daraus mache ich einen schönen Hefeteig“, träume ich, doch die Kerle schmatzen nur und hören gar nicht zu, sondern schmatzen nur genüsslich vor sich hin.

Gefüllte Chicorée-Schiffchen

Von den Jahreszeiten sind mir Frühling und Herbst die liebsten. Auf die letzten warmen Herbsttage sollte unmittelbar ein angenehmer Frühling folgen.

Doch wenn ich mich nur zwischen Sommer und Winter entscheiden könnte, hätte ich ein Problem. Denn obgleich ich Kälte nicht mag, ist der Umgang mit ihr irgendwie einfacher, als mit Hitze. Im Winter einen zusätzlichen Pullover überstreifen kann jeder, bei 38 Grad Celsius im Schatten ist mit Kleidung ablegen irgendwann Ende im Gelände. Außerdem kann ich auch mit mehreren warmen Kleidungsstücken übereinander gezogen noch Gartenarbeiten verrichten, ohne dabei ins Schwitzen zu geraten. Alles eine Sache des textiltechnischen Feintunings.

Als universelles Kleidungsstück hat sich meine Latzhose erwiesen. Im Sommer schlabbert sie mir angenehm um die Beine und lässt jeden Windhauch passieren und im Winter kann ich sie gewissermaßen als Oberpelle über Strumpfhose und Jogginghose verwenden.

So präpariert, können mich selbst tiefste Temperaturen nicht schrecken. Auch viel Bewegung macht mir dabei nichts aus, außer, wenn ich am Morgen eine Strumpfhose mit ausgeleiertem Gummibund aus dem Schrank gefischt und angezogen habe. Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder ich kehre noch einmal zum Schrank zurück und verändere die Kleidungsordnung oder ich fasse alle paar Minuten mit den Händen seitlich vom Hosenlatz nach der Kordel von der Trainingshose, zupfe diese auf, greife den Bund der Strumpfhose, ziehe diesen unter Zuhilfenahme rhythmischer Bein- und Hüftbewegungen nach oben und fummele schließlich wieder eine Schleife in die Sporthosenhalteleine. Sinnvollerweise sollte die Prozedur begonnen werden, bevor die Strumpfhose den Schlüpfer mit auf Expedition zur Südhalbkugel genommen hat.
Diese Verrichtung nimmt natürlich eine Menge Aufmerksamkeit in Anspruch. Schließlich soll ja nicht zu viel Kaltluft zwischen die Kleidungsstücke geraten.

„Hrm, hrm!“ Ich höre hinter mir ein Räuspern. Ich zurre die Kordel fest, rücke meine Pudelmütze grade und drehe mich um. Am Zaun steht Lutz, der wegen seiner Ähnlichkeit mit dem französischen Schauspieler Pierre Richard von allen nur Pierre genannt wird.

„Du hast mich erschreckt. Wie lange stehst du schon da?“ frage ich.

„Och, noch nicht so lange. Sah interessant aus. Was treibst Du da?“

„Strumpfhose rutscht“, gebe ich mürrisch zurück.

„Willst du Chicorée?“

„Ja!“ Meine Laune bessert sich augenblicklich.

Pierre reicht mir einige Zichorienknospen.

„Was wirst du daraus machen?“, fragt er überm Gehen.

„Och, vermutlich was Kaltes. Von den sechs Chicorée löse ich zirka 20 bis 25 Blätter ab. Den Rest gebe ich mit 50 Gramm eingeweichten Cashewkernen, je 50 Gramm geputztem und kleingehacktem Knollen- und Staudensellerie, je einem Teelöffel edelsüßem Paprikapulver, Zitronen- und Rote-Bete-Saft, je einem Esslöffel Olivenöl und Sojasauce und einer großen Gemüsepaprika und einem Stängel Petersilie in den Mixer. Die Creme auf die Chicorée-Schiffchen streichen – fertig.“

„Kannst du mir das aufschreiben?“

„Mach ich und schönen Dank nochmal.“

Rosenkohlcremesuppe mit karamellisierten Walnüssen

Seit Bruce im Vorstand mitarbeitet, komme ich kaum noch an seinem Garten vorbei, ohne dass er mir Aufträge aufhalst. Mal soll ich einen Brief bei einem Gartenfreund, der in meiner Nachbarschaft wohnt, einwerfen, mal braucht Bruce Hilfestellung beim Anbringen von Zetteln im Informationskasten. Auch heute ruft er: „Karo, warte mal bitte einen Augenblick.“

Ich stelle meinen Spankorb mit Rosenkohl ab und Bruce eilt mit langen Schritten auf mich zu. Er fragt: „Hast du morgen Nachmittag schon was vor?“
Was für eine Frage? Natürlich habe ich was vor. Ich habe immer irgendwas vor. Ich schüttele meinen Kopf.

„Fein“, strahlt Bruce, „dann kannst du doch bestimmt den Baumsachverständigen zu unserem Walnussbaum am Vereinsheim führen?“

„Was ist dem mit dem Baum?“

„Da sind ziemlich zentral einige große Pilze gewachsen und ich befürchte, dass die darüber befindlichen Äste abbrechen.“

„Das wäre aber schade.“ Ich ziehe einen Flunsch.

„Viel schlimmer wäre, wenn wir deshalb den ganzen Baum fällen müssen.“ Bruce reicht mir einen Beutel mit Walnüssen. „Hier – es sind vielleicht die letzten.“

„Wann kommt der Baumsachverständige?“ frage ich.

„Gegen vierzehn Uhr. Wenn du nicht dagegen hast, sende ich ihm deine Telefonnummer.“

„Ok!“ Ich lege die Walnüsse zu meinen Kohlröschen.

Zu Hause putze ich ein halbes Kilo Rosenkohl und halbiere die Röschen. Dann schäle und würfele ich dreihundert Gramm mehlig kochende Kartoffeln. Außerdem schäle und hacke ich zwei Schalotten und schwitze sie in heißem Rapsöl an. Später gebe ich den Rosenkohl und die Kartoffeln zu den Schalotten und gieße 500 Milliliter Gemüsebrühe an. Nach zirka zwanzig Minuten ist das Gemüse gar und ich püriere es mit dem Zauberstab. Während des Pürierens gieße ich 350 Milliliter Sojamilch dazu. Drei kräftige Prisen Muskatnuss und zwei Esslöffel Weißweinessig werden untergerührt, die Suppe kurz aufkochen, dann die Hitze reduzieren und ungefähr vier Minuten sachte köcheln lassen.

Währenddessen erhitze ich einen Esslöffel Rapsöl in einem kleinen Tiegel. Darin bringe ich zwei Esslöffel Rohrohrzucker zum Schmelzen. Jeweils einen Esslöffel Wasser und Balsamicoessig rühre ich hinein, bis der Zucker anfängt zu karamellisieren. Dann gebe ich 80 Gramm grob gehackte Walnusskerne dazu und würze mit Salz und Pfeffer.

Dann nehme ich die Suppe vom Herd, rühre fünf Esslöffel Sojasahne hinein, schmecke mit Salz und Pfeffer ab und streue vier Esslöffel gehackte, krause Petersilie darüber.

Es geht nichts über frische Walnusskerne. Jedes Jahr gibt es ein wunderbares Schauspiel, wenn die Nüsse reif sind und die Gartenfreunde schon in aller Frühe im Laub unterm Baum herumsuchen. Jeder tut so, als sei er rein zufällig vorbei gekommen und habe just im Augenblick die Idee gehabt ein paar Nüsse aufzuklauben. Manchmal jedoch fallen die Masken und der Futterneid tritt offen zu Tage. Bruce kam einmal dazu, wie zwei Kleingärtner mit Holzstangen, die sie zum Abschlagen von Nüssen verwendet hatten, aufeinander losgingen. Er hatte damals Mühe die Streithähne zu trennen.

Chefsalat light

„Du machst was?“ Meine Gartennachbarin Frau B. verzieht ihr Gesicht. Halb bewundernd halb angewidert ruht ihr Blick auf Bruce, der sich am Kopf kratzt, auf Pierre zeigt und sagt:
„Der da hat mich überredet.“

„Einer muss die Arbeit machen“, grinst Pierre, „und der Chef ist schon ganz schön alt.“

„Wer ist schon ganz schön alt?“ fragt Rapunzel, die sich eben zu uns gesellt hat.

„Unser Vorstandsvorsitzender“, schnaubt Frau B. und fügt mit einer Kopfbewegung Richtung Bruce hinzu: „Und der da wird unser neuer Vorsitzender.“

„Stellvertretender Vorsitzender“, korrigiert Pierre, „erstmal wird er Stellvertreter.“ Pierre klopft Bruce auf die Schulter.

„Vielleicht werde ich ja nicht gewählt“, sinniert Bruce.

„Nicht gewählt, nicht gewählt“, äfft Frau B. Bruce nach. „Die werden dich schon wählen, weil sie froh sind, dass sie es nicht selber machen müssen. Das ist doch immer dasselbe. Erst will es keiner machen und kaum findet sich einer bereit, hacken alle auf ihm herum.“

„Ihr hackt doch nicht auf mir herum!“ Bruce wirkt entschlossen. Ich höre ihn schon zu dem streitsüchtigen Alten im letzten Garten unseres Weges sagen: „Yippie-Ya-Yeah, Schweinebacke.“

„Wir nicht“, beschwichtigt Frau B. „aber hier gibt es ja noch zweihundert andere Gärtner.“

Pierre, Rapunzel und ich nicken.

„Aaah, unser neuer Vorsitzender“, ruft Kojak schon von weitem. Kojak ist schon seit ein paar Jahren stellvertretender Vorsitzender und hat offenbar keine Ambitionen, selbst Vorsitzender zu werden.

„Stellvertretender Vorsitzender.“ antworten Rapunzel, Pierre und Bruce im Chor.

„Weiß ich doch“, sagt Kojak.

„Wenn er gewählt wird“, fügt Frau B. mit ernster Miene hinzu.

„Wird er schon.“ Kojak winkt ab. „Da kann er dann gleich mal, dem da hinten“, Kojak deutet auf den verwilderten Garten am Ende unseres Weges, „sagen, dass wir hier Obst und Gemüse anbauen und nicht Schuppen und Koniferen.“

Wir schmunzeln.

„Da mache ich euch zur Feier des Tages einen schönen Chefsalat.“ verkünde ich.

„Aber braucht es dazu nicht Eier und Schinken?“, fragt Rapunzel.

„Wenn wir Eier hätten, könnten wir Eier mit Schinken machen, wenn wir Schinken hätten“, lamentiert Frau B. und verdreht ihre Augen.

„Keine Sorge, ich kriege auch ohne Eier und Schinken einen Chefsalat hin“, lache ich in die Runde.

Für acht Portionen zerteile ich zwei Köpfe Eisbergsalat in mundgerechte Stücke. Dazu gebe ich zwei Salatgurken, acht Tomaten, acht getrocknete Tomaten und zwei Avocado, die ich zuvor in Würfel geschnitten habe. Aus 250 g Räuchertofu schneide ich feine Streifen und hebe sie unter das Gemüse. Zu guter Letzt rühre ich aus 200 g Hummus, gehackter Petersilie, Pfeffer, Salz und Olivenöl ein dickflüssiges Dressing. Noch einmal hebe ich alles mit dem Salatbesteck um, streue einige Oliven darüber, nehme die Schüssel und geselle mich wieder zu den anderen.

„Ich nenne es einfach Chefsalat light“, sage ich während ich Portionen in kleinen Schüsseln austeile.

Frau B. reicht den Brotkorb herum und fügt hinzu: „Kunststück, es sind ja nur die stellvertretenden Chefs da.“

Kartoffelsalat mit Kurtchen

„He, was suchen Sie in meinem Garten? Kommen Sie sofort da heraus oder ich rufe die Polizei!“

Die schrille Stimme gehört zu einem kleinen, hageren Mann. Auf dem Kopf trägt er einen Strohhut. Das gestreifte Hemd entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Schlafanzugjacke und auch die restlich Kleiderordnung ist mit langer Feinrippunterhose und rosa Plüschschweinchen-Hauspantoffeln eher unkonventionell.

Der Ruf nach der Polizei lockt einige Gärtner an die Zäune. Meine Gartennachbarin Frau B., Pierre, Kojak und auch Rapunzel recken die Hälse. Nur der eigentlich angesprochene Gärtner ignoriert das Lamento, das auf dem Weg zwischen unseren Gärten abgehalten wird oder er hört es nicht.

„Das ist eine Unverschämtheit. Sie können doch nicht einfach in fremder Leute Gärten die Kartoffeln ausgraben. Die will ich doch heute meiner Frau mitbringen.“, schimpft der Strohhutträger und dreht sich Hilfe suchend um.

„Hier sie, Frau äh?“

„Aldente,“ sage ich.

„Frau Aldente, sie kennen mich doch. Sagen sie bitte dem Herren dort, das er meinen Garten verlassen soll.“

In der Tat erkenne ich den Erzürnten. Es ist Opa Kurtchen, der vor neun Monaten den Garten, der auf der andern Seite des Weges meinem gegenüberliegt, aufgegeben hat. Als seine Frau gestorben war, zog er in eine betreute Senioren-Wohnanlage an den Stadtrand.
Sein Nachfolger auf der Parzelle, ein alleinstehender Mann namens Holger, sieht aus wie der Held in der ersten Folge von „Stirb langsam“. Deshalb bekam er den Spitznamen Bruce.

Endlich wird er auf Kurtchen aufmerksam. Bruce unterbricht seine Gartenarbeit, schnappt sich einen Spankorb mit Kartoffeln und schlendert mit einem breiten Grinsen auf den zeternden Gast zu.

Frau B. gefällt sich in der Rolle der Friedensstifterin und lädt mit großer Geste alle Umstehenden zum Kartoffelsalatessen ein.

Am Gartentisch versuchen wir mit vereinten Kräften, Kurtchen beim Erinnern zu helfen. Frau B. hängt ihm eine Decke über die Schultern. Der Grill wird angeheizt. Alle klappern mit Gläsern und Geschirr und plappern durcheinander.

Rapunzel ruft unterdessen beim Seniorenheim an, gibt Kurtchens Koordinaten durch und verspricht seine Rückfahrt zu organisieren.

Der Kartoffelsalat von Frau B. wird von allen gelobt und Kurtchen gibt keine Ruhe, bis sie alle Zutaten preisgegeben hat.

Zunächst werden 1,5 Kilogramm fest kochende Kartoffeln gekocht und gepellt. Wenn die Kartoffeln ausgekühlt sind, werden sie in kleine Würfel geschnitten. Vier große Zwiebeln ebenfalls in Würfel schneiden und in Olivenöl glasig dünsten. Vier bis sechs große saure Gurken und zwei bis drei herbe Äpfel in Würfel schneiden und unter die abkühlenden Zwiebeln heben. Jeweils zwei Hände voll Schnittlauch, krause Petersilie, Olivenkraut und frische Liebstöckeltriebe fein hacken und mit Zwiebeln, Gurken, Äpfeln und den kalten Kartoffelstücken vermengen. Eine Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle runden den Salat ab. Wenn das Öl aus der Zwiebelpfanne für die Bindung nicht ausreicht, kann auch noch ein Schuss Öl hinzugegeben werden.

Gefüllte Zucchiniblüten

Ich schlendere mit meiner Gießkanne durch die Beete. Was ist meiner Gesundheit wohl zuträglicher, die Entspannung beim Gießen oder der Verzehr des Salates, den ich gerade beträufele? Plötzlich reißt mich die Stimme meiner Gartennachbarin Frau B. aus den Gedanken.

„Willst du noch ein paar Zucchini?“

Frau B. erwartet nicht wirklich eine Antwort auf diese Frage. Ich winke müde ab. Wir alle hatten im vergangenen Frühling vorsichtshalber ein paar Zucchinikerne mehr in die Ansaattöpfchen gesteckt. Schließlich fallen erfahrungsgemäß einige der jungen Pflanzen den Schnecken zum Opfer. Aber wenn von 20 Pflanzen 15 durchkommen ist eine opulente Ernte unausweichlich.

Das Ergebnis unserer gärtnerischen Bemühungen konnte sich sehen lassen und führte dazu, dass alle in unserer Kleingartenanlage keine Zucchini mehr sehen mochten.

Es gibt viele Methoden, mit der Kürbisfruchtschwemme umzugehen.

Einige Gärtner beglücken jeden, der nicht schnell genug „Nein danke“ sagen kann. Die meisten aber beschenken die Menschen in ihrer Verwandtschaft und Nachbarschaft, denen freilich nach dem ersten halben Zentner auch langsam die Rezepte ausgehen.

Andere haben diese Strategie schon aufgegeben, drapieren ihre Zucchini in einer schattigen Gartenecke zu einer meterlangen Schlange mit der sie Schnecken fangen.

Wieder andere ernten zu einem möglichst frühen Zeitpunkt. Größer als 20 bis 25 Zentimeter bei einem Durchmesser von maximal fünf bis sieben Zentimeter sollte ein Zucchini nicht werden. Die runden Sorten nicht größer als 15 bis 20 Zentimeter Durchmesser.

Ich ernte mitunter gleich die Blüten. Seit mir in der Vergangenheit durch Insekten immer mal wieder Zierkürbispollen eingekreuzt wurden und die daraus resultierenden Früchte zwar lustig anzusehen, aber ungenießbar waren, bestäube ich meine Zucchiniblüten mit einem kleinen Pinsel selbst und verschließe sie anschließend mit einem Bindfaden. Bei dieser Tätigkeit kann ich gleich die überzähligen Blüten pflücken, vorzugsweise natürlich die männlichen.

Sechzehn Stück reichen für vier Portionen, wenn man folgendermaßen vorgeht:

Die Zucchiniblüten vorsichtig waschen und den Stempel entfernen. Dreihundert Gramm Reis waschen und abtropfen lassen. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und zunächst den Reis hineingeben und glasieren. Danach eine kleine, feingewürfelte Zwiebel unterrühren. Jetzt je eine Handvoll glatte Petersilie und Dill sowie eine reichliche Handvoll Lauchzwiebeln waschen, hacken und in die Pfanne geben. Zum Schluss wenig Wasser dazugießen, salzen und pfeffern und auf kleiner Flamme köcheln lassen, bis der Reis körnig und bissfest gar ist.
Die Reis-Kräuter-Mischung wird in die Blüten gefüllt und durch zusammenfalten der Blütenblattspitzen entstehen kleine Päckchen. Diese werden in einen genügend großen Kochtopf nebeneinander gelegt. Wasser angießen, dass die Päckchen nicht ganz bedeckt sind und Olivenöl darüber träufeln. Das Ganze aufkochen lassen und wenn die Blütenpäckchen das Wasser aufgenommen haben, ist das Mahl bereit.