Gute-Laune-Cake-Pops

Ich zupfe versonnen ein paar Kräutlein, die ich nicht in meinem Erdbeerbeet haben möchte. Plötzlich höre ich aufgeregte Rufe.

„Frau Aldente, Frau Aldente!“

Ich strecke meinen Rücken durch, wische mir eine Haarsträhne aus der Stirn und sehe mich um. An meinem Gartenzaun steht Mia, Pauls große Schwester. Mia ist dreizehn und ich habe sie schon länger nicht mehr in unserer Kleingartenanlage gesehen.

„Wissen sie, wo Paul ist?“ Mias kleiner Bruder Paul wird seit einiger Zeit von den anderen Kindern gemobbt und hat vermutlich deshalb vermehrt bei den Erwachsenen Anschluss gesucht. Außerdem wurde der Kleine auch schon häufig gesehen, wie er allein durch fremde Gärten stromert. Nicht allen in der Nachbarschaft gefällt das. Einige ängstliche Zeitgenossen argwöhnen, aus dem spielenden Kind könne ein gemeingefährlicher Brandstifter werden.

Ich streiche mir die Hände an meiner Gartenschürze ab und blicke mich um.

„Bei mir ist er nicht, soll ich dir suchen helfen?“

„Ich hab schon überall gefragt. Immer haut der ab.“ Mia ist für ihr Alter angemessen schlecht gelaunt und jeder längere Satz wird in einem sirenenartig auf- und abschwellenden Jammerton vorgetragen. Kein Zweifel, dieses Mädchen leidet unter der Last der Welt, die einzig auf ihren Schultern lastete.

„Dein kleiner Bruder hat es ja zurzeit auch nicht leicht,“ versuche ich die Situation zu entspannen. „Der ist doch selbst schuld,“ orgelt Mia, „warum muss er auch überall immer der Beste sein wollen. Kein Wunder das die anderen Kinder neidisch werden.“

Mein Fräulein Tochter Jasmin kommt den Gartenweg herauf. „Paul wird gesucht. Weißt du, wo er steckt?“

Jasmin deutet hinter sich und sagt: „Ich meine, ich hätte ihn eben bei Pierre am Gewächshaus gesehen.“

Wir gehen zu Pierre. Auf dem Weg hält uns Jasmin den Inhalt einer Papiertüte hin. „Guckt mal, ich habe Cake-Pops gemacht.“

Mia greift sich eins der Küchlein am Holzstiel und eilt voraus, ohne danke zu sagen. Wir hören Mias Lamento für Paul schon bevor wir Pierres Garten erreichen.

„Die Mama hat gesagt, dass du nicht immer abhauen sollst, ohne was zu sagen.“

Jasmin hält Paul und dem verdatterten Pierre die Gebäcktüte hin. Wir kauen.

Mia lässt ihr Holzstäbchen fallen. Paul hebt es auf und strahlt Pierre an: „Da kann ich ein Schild für meine Saattöpfchen draus machen.“

„Na da hole ich mal einen Stift,“ sagt Pierre.

Jasmins Rezept für Gute-Laune-Cake-Pops:

Eine zerdrückte Banane, 4 Esslöffel Rapsöl, 80 Gramm Zucker und 200 Milliliter Mandelmilch gründlich verrühren und löffelweise ein Gemisch aus 200 Gramm Mehl und 16 Gramm Backpulver zugeben. Den Teig in eine gefettete 26er Springform geben und im vorgeheizten Backofen bei 180 °C Umluft zirka 25 Minuten backen. Den ausgekühlten Kuchen zerbröseln, mit 100 Gramm Erdbeerkonfitüre vermischen, zu 14 gleichgroßen Kugeln formen. Im Wasserbad 200 Gramm Edelbitter-Schokolade schmelzen, Holzstäbchen eintauchen und in die Kugeln stecken. Wenn die Stäbchen fest sind, die Kugeln ebenfalls kurz in die Schokolade tunken und abkühlen lassen.

Kalte grüne Suppe

Rapunzel bat mich, ihr beim junge Erbsen palen behilflich zu sein.
„Willst Du grüne Gurken?“, fragt sie nebenher. Ich nicke.

Im hinteren Teil des Gartens tuscheln die Kinder.

„Was hecken die wohl schon wieder aus?“, frage ich. Rapunzel zuckt mit den Schultern. Es ist diese Gelassenheit, die Rapunzels Parzelle bei allen Kindern der Nachbarschaft beliebt macht.

Wir unterbrechen unsere Arbeit und schlendern auf Rapunzels Gewächshaus zu. Dabei kommen wir – natürlich rein zufällig – an dem Hochbeet vorbei, hinter dem die Kinder in Deckung gegangen sind.

Die Kinder sind vollkommen in ihr Spiel vertieft. Offenbar versuchen sie zwei Weinbergschnecken, zu einem Wettrennen, zu animieren. Doch die Rivalen in spe haben sich beide in ihre Behausungen zurückgezogen.

„Warum kommen die nicht raus“, fragt Paul.

„Nun ja“, antwortet Rapunzel, „stell dir mal vor, du bist vor einem Riesen in euer Gartenhaus geflüchtet und jetzt steht der Riese da und versucht dich herauszulocken. Da würdest du doch auch nicht …“

„Doch“ sagt der kleine Moritz entschlossen. „Ich würde rauskommen und schnell weg laufen.“

„Es gibt doch gar keine Riesen“, stellt Paul überlegen fest.

„Aber wenn es welche gäbe, würde ich laufen“, beharrt Moritz, „nicht drin bleiben, wie die doofe Schnecke.“

„Die Schnecke ist doch nicht doof“, wendet Rapunzel ein. „Die ist sogar ziemlich schlau und verkriecht sich in ihrem Haus, um sich zu schützen.“

„So wie die Katze?“, fragt Moritz.

Rapunzel und ich schmunzeln.

Eines schönen Abends schlossen die Eltern des kleinen Moritz aus Versehen eine streunende Katze ein, die ins Gartenhaus geschlichen war. Am nächsten Tag hatte das Tier die halbe Inneneinrichtung zerlegt und konnte nur mit einiger Mühe unter dem alten Küchenbuffet hervorgelockt werden.

„So wie die Katze“, kichert Rapunzel. „Nun aber husch, eure Mütter warten bestimmt schon.

Die Kinder ziehen ab.

„Für morgen werde ich uns eine schöne kalte grüne Suppe bereiten“, sage ich nachdem mir Rapunzel zwei Schlangengurken gereicht hatte.

Ich werde die Gurken waschen und schneide sie in grobe Stücke. Dazu gebe ich einen grünen Apfel ohne Kerngehäuse, eine kleine Zwiebel, zwei Knoblauchzehen und 150 Gramm junge Erbsen, einer großen Handvoll frischer Minze und 100 Milliliter Wasser in den Mixer. Nach dem Pürieren gebe ich 200 Gramm junge Erbsen und eine in ganz feine Stückchen geschnittene grüne Paprikafrucht hinzu, würze mit Salz und Pfeffer und stelle alles für ein paar Stunden in den Kühlschrank. Zum Servieren werde ich noch in Olivenöl geröstete Weißbrotwürfel in die kalte Suppe streuen.

Als wir gehen wollen, kommt uns ein ängstlicher Moritz entgegen.

„Ich glaube meine Eltern sind nach Hause gegangen und die Katze ist schon wieder eingesperrt.“

Ungläubig folgen wir ihm. In der Tat ist die Laube verschlossen und aus dem Inneren dringt eigenartiges Raunen und Ächzen. Rapunzel lenkt Moritz ab und ich klopfe ans Fenster. Im Inneren sehe ich die geröteten Wangen von Moritz‘ Mutter.

„Lasst mal die Katze raus, euer Kind will nach Hause“, rufe ich.