Knoblauchsraukenpaste

„Kann mir mal jemand verraten, warum zu den Arbeitseinsätzen nie die Leute kommen, die in der Mitgliederversammlung am lautesten kritisieren, dass es zu selten Arbeitseinsätze gibt?“

Bruce schaut in die Runde. Mein Fräulein Tochter, ihr Freund, Pierre, Rapunzel, Pauls Mutter, Paul und ich stehen am Zaun einer leicht verwilderten Parzelle.

„Wie müssen diesen Garten heute halbwegs in Ordnung bringen, damit wir ihn an neue Mitglieder verpachten können,“ gibt Bruce die Tageslosung aus.

Rapunzel schwärmt: “Ein Naturgarten.“

„Natur ja, Garten nein,“ brummt Bruce, „so kann ich die Parzelle keinem unerfahrenen Gartenneuling anbieten.“ Er zeigt auf einen, von Ackerwinde umschlungen, Apfelbaum.

Hinter dem Zaun stehen Johannisbeersträucher, unter denen sich eine Pflanze ausgebreitet hat, die schon zwischen den Zaunslatten auf den Gartenweg hinausdrängt. Paul zupft ein paar Blätter und fragt: „Was ist das?“

„Unkraut,“ brummt Bruce.

„Wildkraut,“ korrigiert Rapunzel.

„Lauchhedderich,“ präzisiert mein Fräulein Tochter.

„Oder auch Knoblauchrauke,“ ergänzt mein zukünftiger Schwiegersohn.

„Alliaria petiolata,“ resümiert Pierre.

„Kann ich das essen?“ Paul sieht abwechselnd zu seiner Mutter und zu Pierre.

„Nein,“ sagt Pauls Mutter „hier laufen immer so viele Hunde vorbei.“

„Lasst uns doch reingehen und nachschauen, was es sonst noch zu tun gibt,“ gebietet Bruce. Wir nähern uns dem Knoblauchsraukenbestand aus dem Inneren der Parzelle.

Paul fragt: „Darf ich jetzt?“ Seine Mutter nickt und der Junge zupft sich ein paar Blätter und kaut darauf herum.

Die anderen tun es ihm gleich. „Mhm, mhmmhm,“ mümmelt Pierre.

„Knoblauchgeschmack mit einem Hauch Senf und leichter Kohlnote im Abgang,“ stellt mein zukünftiger Schwiegersohn fest.

Mein Fräulein Tochter sinniert: „Bei dem kräftigen Geschmack müsste sich daraus doch was machen lassen.“ Sie zückt ihr Smartphone und liest wenig später vor:

„Man kann die weißen Kreuzblüten des Lauchhedderich essen und seine Samen als Knoblauch-Senf-Pfefferkörner nutzen, auch seine Wurzeln sind essbar. Seine Inhaltstoffe wie Allicin und Senfölgycosiden haben eine heilende Wirkung bei Asthma, Rheuma, Gicht und vielen anderen Leiden und können auch prophylaktisch angewendet werden. Der Lauchhedderich ist eng verwandt mit dem japanischen Wasabi, jedoch nicht so scharf. Die Wurzeln werden gewaschen, getrocknet und gemahlen und können zusammen mit pürierten frischen Blättern, Salz und etwas Zucker zu einer würzigen Paste verarbeitet werden. Man kann auch einzelne frische Blätter unter Blattsalate mischen.“

„Mir egal was ihr daraus macht. Hauptsache das Zeug krautet nicht den halben Garten zu,“ knurrt Bruce.

Wir beginnen die Knoblauchsraukenwurzeln auszugraben.

„Ich nehme mir ein paar Pflanzen mit in meinen Garten,“ beschließt Rapunzel.

„Ich auch,“ pflichtet mein Fräulein Tochter bei.

Die beiden stellen ausgehobene Pflanzen auf ein schattiges Plätzchen.

„Ehe ich es vergesse,“ grinst Bruce,“ dahinten stehen auch noch ein paar Quadratmeter Giersch, Portulak und Brennnesseln.“

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