Vegane Kutteln

Mein Fräulein Tochter überreichte mir jüngst ein Glas mit eingewecktem Paprika und einen Spankorb voller Austern-Seitlingen mit der Bemerkung: „Die Pilze sind von unserem Baumstammexperiment und müssen demnächst verarbeitet werden und das Glas mit den Paprikaschoten war auch schon offen. Ich habe grad keine Zeit für Experimente. Kannst du da was draus machen?“

Ich konnte. Ich schälte und hackte eine Zwiebel fein und briet die Zwiebelwürfelchen in Olivenöl an. Dann fügte ich 500 Milliliter eingekochten Paprika samt der Flüssigkeit aus dem Weckglas, einem Esslöffel Tomatenmark und einem Teelöffel gemahlenem Kreuzkümmel hinzu. Als der Topfinhalt zu kochen begann, gab ich 300 Gramm geputzte und in mundgerechte Happen zerteilte Austern-Seitlinge dazu. Ich rührte einen Teelöffel gekörnte Brühe und ein Lorbeerblatt unter und gab ab und an einen Schuss trockenen Weißwein dazu. Zu guter Letzt rührte ich 400 Gramm gekochte Kichererbsen hinein und ließ alles zirka zehn Minuten auf kleiner Flamme köcheln. Ab und zu umrühren, mit Pfeffer und Salz abschmecken, fertig war mein Eintopf.

Ich füllte einen Thermobehälter und rief mein Fräulein Tochter an, um mich mit ihr in meinem Garten zu verabreden.

Im Garten angekommen bugsiere ich meinen Klappstuhl aus der Laube und breite drei Decken darüber aus, um mich darin einzuhüllen. Die Sonne strahlt vom Firmament. Ich schnappe mir mein Notizbuch und beginne mit der Planung für die kommende Gartensaison.

Als ich meine Blicke wegen der Belegung der Beete schweifen lasse, bemerke ich eine Stupsnase zwischen den Zaunlatten meiner Gartenpforte. „Willst du mich besuchen? Komm doch rein.“

Kipirr tönt meine Gartenschelle und der kleine Paul läuft zögernd meinen Gartenweg entlang.

„Was machst du,“ fragt der Junge.

„Ich schreibe und ich lese.“

„Was liest du?“

„Ich lese, was auf meinen Saatguttüten steht.“

„Und was steht da?“ Paul reckt sich und späht auf den Karton mit meinen Saaten.

„Du kannst doch schon selbst lesen.“ Ich halte ihm eine Tüte Puffbohnen hin.

Paul rückt sich seine Harry-Potter-Brille zurecht, kneift die Augen zusammen und liest gedehnt:

“A-cker-boh-ne“

„Richtig, Ackerbohne,“ wiederhole ich und füge hinzu: „Die hat noch ganz viele andere Namen. Manche sagen dicke Bohne dazu, andere Pferdebohne oder Saubohne.“

Paul ist nicht sonderlich beeindruckt. „Pflanzen wir die jetzt ein?“ Er deutet tatendurstig auf meine Beete.“

„Willst du mir helfen?“ Paul nickt eifrig.

Kipirr schellt es abermals. Mein Fräulein Tochter und Pauls Mutter kommen zu uns.

„Hier steckst du,“ sagt Pauls Mutter.

Ich hole Schüsseln und Löffel aus der Laube und frage: „Wollt ihr mal was kosten?“

Ich öffne den Thermobehälter und meine Gäste schnuppern neugierig.

„Schmeckt wie Kutteln,“ schnalzt meine Tochter.

Paul fragt: „Was sind Kutteln?“

„Kutteln sind aus Pansen, dem Vormagen von Kühen,“ erklärt Pauls Mutter.

„Iiiiihie!“ Paul verzieht sein Gesicht.

„Ja, igitt,“ pflichtet meine Tochter dem Jungen bei und fügt hinzu: „Aber das hier sind nur Pilze und Paprika, das kannst du ruhig essen.“

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